Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

mit dem Jahresbeginn werden die Haushaltsberatungen in den Ortgemeinden, der Stadt und in der Verbandsgemeinde aufgenommen. In diesem Jahr stehen sie unter dem Vorzeichen gesetzlicher Neuerungen, welche auf der Landesebene gefasst wurden. Ich möchte heute die Möglichkeit nutzen Ihnen diese zu erklären, da dieser Umstand alle Kommunen beschäftigt, wenngleich die Be- und Entlastungen der einzelnen Kommunen durch diese Änderungen ganz unterschiedlich ausfallen. Appelle kommunaler Spitzenverbände und einzelner Kommunen vor dem Hintergrund der aktuellen Preissteigerungen auf allen Ebenen mehr Spielräume für die kommunalen Räte zu lassen, wurden seitens des Landes nicht aufgegriffen. Im Gegenteil: Den Ortsgemeinden und der Verbandsgemeinde wurde unmissverständlich mitgeteilt, dass ein strenges Vorgehen hinsichtlich der Haushaltsgenehmigung durch die Kommunalaufsicht vorgesehen ist, bei dem unausgeglichene Haushakte nicht genehmigt werden bzw. der Anspruch auf jegliche Förderungen damit verwirkt wird.

Die angewandten Vergleichsmaßstäbe zu Kommunen in anderen Bundesländern erscheinen teils zweifelhaft, zudem kamen wenig Landesmittel in den Verteiltopf. Außerdem werden nach bisherigen Rechnungen die Kreise und kreisfreien Städte im Ergebnis begünstigt. Diese positiven Effekte für große Kommunen wurden seitens der Landesregierung in den letzten Monaten immer wieder herangezogen um in den Medien zu erklären warum die Überarbeitung des Gesetztes positiv für die Kommunen ist. Mir ist es deswegen wichtig Ihnen mitzuteilen, dass sich diese positiven Effekte jedoch nicht für kleine Kommunen einstellen, ja sogar in vielen Fällen das Gegenteil der Fall ist.

Die Zeche zahlen Bürgerschaft und Unternehmen, und das in Zeiten mit ohnehin hohen Belastungen. Aber unsere Kommunen haben de facto keine andere Wahl, als die neuen Nivellierungssätze einzuhalten!

Zum Hintergrund:
Der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz (VGH) hat mit Urteil vom 16.12.2020 das Landesfinanzausgleichsgesetz (LFAG) für verfassungswürdig erklärt und eine Neufassung vom Gesetzgeber bis zum 01.01.2023 gefordert. Der Landtag hat am 24.11.2022 das “Landesgesetz zur Neureglung der Finanzbeziehungen zwischen dem Land und den kommunalen Gebietskörperschaften” beschlossen.
Dahin wurden die Nivellierungssätze für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer ab dem 01.01.2023 wie folgt festgesetzt:
– Grundsteuer A von bisher 300 v.H. auf 345 v.H.
– Grundsteuer B von bisher 365 v.H. auf 465 v.H.
– Gewerbesteuer von bisher 365 v.H. auf 380 v.H.

In den Kommunalberichten des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz wird schon seit Jahren wiederholt darauf hingewiesen, dass insbesondere im Bereich der Realsteuerhebesätze, bedingt durch das insgesamt unterdurchschnittliche Hebesatzniveau der rheinland-pfälzischen Kommunen, ein deutlicher Handlungsbedarf besteht. Mit der Anhebung der Nivellierungssätze will das Land erreichen, dass die Städte und Gemeinden ihre Realsteuerhebesätze entsprechend anpassen und somit ihr Einnahmepotenzial angemessen ausschöpfen.

Auch der VGH hat in seiner Entscheidung vom Dezember 2020 zum Landesfinanzausgleichsgesetz erneut die Verpflichtung der Kommunen zu größtmöglichen Eigenanstrengungen betont, insbesondere haben die Kommunen ihre eigenen Einnahmequellen angemessen auszuschöpfen und Einsparpotenziale bei der Aufgabenwahrnehmung zu verwirklichen.

Die Nivellierungssätze des Landes sind Grundlage bei der Ermittlung der Steuerkraft der Kommunen. Der Steueraufkommen der Gemeinde wird auf das Niveau dieser neuen Nivellierungssätze angehoben. Anhand dieses Steueraufkommens wird u.a. die Zahllast der Verbandsgemeindeumlage und Kreisumlage ermittelt. Dies bedeutet, dass (unabhängig davon, welche Hebesätze die Gemeinde beschlossen hat) zur Berechnung der Steuerkraft ab 2023 die Nivellierungssätze nach dem neuen LFAG angewandt werden. 

Liegen die Steuersätze der Gemeinde unterhalb der Nivellierungssätze des Landes, so führt dies zu einem finanziellen Nachteil für die Kommune, da sie von einer fiktiv erhöhten Steuerkraft Umlagen zahlen muss, die sie überhaupt nicht vereinnahmt hat. Dies widerspricht dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.

Ferner ist die Anpassung der Steuersätze an die Nivellierungssätze auch dann umgänglich, wenn die Gemeinde Förderungen (z.B. aus dem Investitionsstock oder dem Dorferneuerungsprogramm) beantragen möchte. Zu den Fördertatbeständen zählt u.a., dass die Gemeinde alle ihr obliegenden Einnahmequellen ausschöpft (Grundsatz der Einnahmebeschaffung gem. § 94 GemO).

Hinzu kommt, dass die Kommunalaufsicht lt. Mitteilung vom 18.05.2022 vom Ministerium des Innern und für Sport sowie der ADD darauf hingewiesen wurde, bei der zukünftigen Genehmigung von Kreditaufnahmen nach § 103 Abs. 2 GemO besonders darauf zu achten, in welchem Umfang die Gemeinden ihre Einnahmen bspw. aus der Grund- und Gewerbesteuer erhöhen, um weiterhin über eine freie Finanzspitze zu verfügen, um somit nicht ihre dauernde Leistungsfähigkeit zu gefährden.

Die Verwaltung sieht sich daher gehalten, der Stadt und den Ortsgemeinden vorzuschlagen, die Hebesätze auf das Niveau der neuen Nivellierungssätze anzuheben, damit für die Kommunen keine finanziellen Nachteile entstehen. Ich hoffe Ihnen die Hintergründe näher gebracht zu haben und bitte dementsprechend für Verständnis gegenüber den Entscheidungen der Ortsgemeinden.

Ihre Kathrin Laymann
Bürgermeisterin der Verbandsgemeinde Rhein-Mosel