Kosten von 47,6 Millionen Euro netto im kommenden Jahr – Landrat kritisiert Fehlentwicklungen im KITA-Gesetz und nicht ausreichende Landesfinanzmittel

 

Kreis Neuwied. Die Haushaltsansätze des Kreisjugendamtes für das Jahr 2024 standen im Fokus der jüngsten Sitzung des Jugendhilfeausschusses für den Landkreis Neuwied.

Dabei wurde das gravierende Ausmaß der Ausgaben deutlich, die von Seiten des Kreises für Pflichtaufgaben der Kinder- und Jugendhilfe aufgewendet werden:

Netto gibt der Landkreis Neuwied im Jahr 2024 insgesamt 47,6 Millionen Euro für die Jugendhilfe im Kreisjugendamtsbezirk aus, hinzu kommt die Beteiligung des Landkreises an den Aufwendungen für das Stadtjugendamt Neuwied, sodass der gesamte Nettoaufwand für Jugendhilfe bei 72,3 Millionen Euro liegt.

Den wesentlichen Kostenfaktor bilden die Personalkosten für Kindertagesstätten, die vom Kreis übernommen werden müssen und die mittlerweile 58 Prozent des gesamten Jugendhilfe-Etats einnehmen. Es ist gerade diese Position auf der Ausgabenseite, die Landrat Achim Hallerbach deutliche Worte finden lassen: „Das neue KITA-Gesetz an sich ist schon schlecht, aber es ist erst recht ein Unding, dass die aus dem neuen Kindertagesstätten-Gesetz resultierende Rahmenvereinbarung, mit denen die Beteiligung der Freien Träger von Kindertagesstätten an den Personal und Sachkosten geregelt werden sollen, nach wie vor nicht in trockenen Tüchern ist.“

Daneben machen die Hilfen zur Ziehung mit ca. 14 Millionen Euro und die Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche mit rund zwei Millionen Euro einen weiteren Batzen des Jugendhilfeetats aus. „Alle Jugendämter verzeichnen einen wachsenden Hilfebedarf, diese Entwicklung kann sich auch der Landkreis Neuwied nicht entziehen“, stellt der Leiter des Kreisjugendamtes, Jürgen Ulrich, fest. Erkennbar ist, dass in einem sehr hohen Ausmaß auch Hilfen im Nachgang zu Hinweisen auf Kindeswohlgefährdung erforderlich sind bzw. Eltern angeboten werden.

Allein bis Anfang Dezember 2023 hatte die Zahl der Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohls, die durch die Fachkräfte des Kreisjugendamtes bearbeitet wurden, bereits das Vorjahresniveau von 350 Gefährdungsfällen erreicht.

Wie der Leiter der Sozialen Dienste des Kreisjugendamtes, Uwe Kukla, ausführt, wird in etwa zwei Drittel der Fälle ein Hilfsangebot erforderlich.

In einem Exkurs ging der Leiter des Kreisjugendamtes, Jürgen Ulrich, auf die Beteiligung des Landes an einzelnen Hilfen ein. Unter anderem hat sich das Land Rheinland-Pfalz bis 2002 mit 25 Prozent an den Nettoaufwendungen für Hilfen zur Erziehung beteiligt, diese Beteiligung wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich zurückgefahren; zugleich begrenzte die Landesregierung die zur Verfügung gestellten Mittel, sodass die Beteiligung des Landes mittlerweile auf nur noch 8 Prozent des entstehenden Aufwandes zurückgegangen ist.

Im Bereich der Schulsozialarbeit verfügt der Landkreis Neuwied mittlerweile über ein nahezu flächendeckendes Angebot. Das Land Rheinland-Pfalz beteiligt sich auch hier an den Personalkosten bestimmter Stellen für Schulsozialarbeit nur mit einem Festbetrag. Der ist allerdings seit mehr als 20 Jahren auf unverändertem Niveau. Auch in diesem Punkt deckt der Landeszuschuss nur noch einen immer geringer werdenden Anteil des Aufwandes ab, der den Kommunen entsteht und dies bei gleichzeitig konstant steigendem Bedarf.

„Grundsätzlich ist das Land verpflichtet, die Kommunen finanziell so auszustatten, dass sie den von ihnen zu erfüllenden Aufgaben gerecht werden können. Das ist bereits seit langem nicht mehr gewährleistet“, warnt Landrat Achim Hallerbach davor, dass eine solche Entwicklung eines stetig wachsenden Aufgabenvolumens irgendwann unweigerlich zu einem gravierenden Systemschaden führe, der nur schwer zu reparieren sei.