Ein neuer Tag für Europas digitale Infrastruktur bricht an, und das spürt man inzwischen auch in Koblenz. Am 12. September 2025 tritt der EU Data Act verbindlich in Kraft und damit ein Regelwerk, das den Zugang zu Daten, die Portabilität von Cloud-Diensten und die Fairness in Verträgen neu ordnet.

Für Unternehmen bedeutet das einen tiefgreifenden Wandel, und zwar nicht nur technisch, sondern auch rechtlich und organisatorisch.

Denn der Data Act ist kein bloßes Feigenblatt regulatorischer Ambitionen, sondern eine ernstzunehmende Weichenstellung für die Datenwirtschaft in Europa. Er fordert Vertragsklarheit, technische Offenheit und einen intelligenten Interessenausgleich zwischen Dateninhabern und Nutzern.

Eine Welt voller Daten

Bevor man die Regelungen des EU Data Act versteht, lohnt sich ein Blick darauf, wo Daten heute überhaupt entstehen und in welchem Umfang sie bereits im Austausch sind.

Daten sind längst nicht mehr nur das Nebenprodukt von IT-Systemen, sondern das Fundament zahlreicher Geschäftsmodelle. Ob in der Industrie, im Handel oder im digitalen Entertainment, überall entstehen Informationen, die gesammelt, verarbeitet und weitergegeben werden.

Ein anschauliches Beispiel sind vernetzte Fahrzeuge. Moderne Autos erzeugen bei jeder Fahrt eine Vielzahl an Daten, von Motordiagnosen über Fahrverhalten bis hin zu Standortinformationen.

Diese Daten sind für Hersteller wichtig, um Wartung, Sicherheit und neue Services zu entwickeln. Gleichzeitig stellen sie aber auch einen Wert für Werkstätten, Versicherungen oder Drittanbieter dar, die daraus eigene Dienstleistungen ableiten könnten.

Auch im Gesundheitswesen spielt der Datenaustausch eine zentrale Rolle. Tragbare Geräte wie Smartwatches oder Fitness-Tracker sammeln Gesundheitswerte wie Puls, Aktivität oder Schlafmuster.

Kliniken und Ärzte können diese Daten nutzen, um Diagnosen zu verbessern oder Therapien anzupassen. Für Patienten ergibt sich dadurch ein direkter Nutzen, gleichzeitig stellen sich Fragen nach Portabilität, Zugang und Fairness.

Ein weiteres Beispiel sind digitale Plattformen und Online Casinos. Wer echtes Geld im Online Casino einsetzt oder auch nur digitale Spiele nutzt, hinterlässt Daten wie Transaktionsverläufe, Spielhistorien, Verhaltensmuster und Präferenzen.

Diese Informationen sind für Anbieter nicht nur wirtschaftlich wertvoll, sondern können auch für die Nutzer selbst interessant sein, etwa, wenn sie ihr Spielverhalten nachvollziehen oder zu einem anderen Anbieter wechseln möchten. Gerade hier zeigt sich, wie wichtig klare Regeln für den Datenzugang sind.

Schließlich darf auch der Bereich Smart Home und IoT-Geräte nicht fehlen. Vernetzte Haushaltsgeräte wie Thermostate, Sprachassistenten oder Sicherheitskameras erzeugen täglich große Mengen an Daten.

Diese können für Energieeffizienz, Komfort und Sicherheit genutzt werden, gleichzeitig entsteht aber ein sensibles Feld, in dem Transparenz und Nutzerrechte entscheidend sind.

Vor diesem Hintergrund setzt der EU Data Act an. Er will sicherstellen, dass solche Daten fair verteilt, zugänglich und nutzbar sind, ohne dabei Sicherheits- und Eigentumsrechte zu verletzen.

Die Eckpfeiler des EU Data Act

Die Verordnung wurde Ende 2023 veröffentlicht und tritt nach einer Übergangsfrist von 20 Monaten am 12. September 2025 in Kraft. Sie ergänzt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO), indem sie vor allem den fairen Zugang und die Nutzung nicht-personenbezogener Daten regelt.

Zu den zentralen Bestimmungen gehören:

  1. Recht auf Datenzugang – Nutzerinnen und Nutzer vernetzter Geräte erhalten ein Recht auf Zugriff auf die von ihnen erzeugten Daten.
  2. Datenweitergabe und Portabilität – Daten sollen direkt an Dritte übertragbar sein, was Anbieterwechsel erleichtert.
  3. Vertragsfairness – Standardverträge dürfen keine missbräuchlichen Klauseln enthalten, die den Zugang zu Daten oder die Portabilität einschränken.
  4. Cloud-Switching – Hindernisse für den Wechsel von Cloud-Diensten müssen abgebaut, Wechselentgelte schrittweise abgeschafft werden.
  5. Notfallzugriff öffentlicher Stellen – Behörden dürfen im Krisenfall unter engen Voraussetzungen auf Daten zugreifen.
  6. Schutz von Geschäftsgeheimnissen – Geistige Eigentumsrechte und Geschäftsgeheimnisse müssen gewahrt bleiben.

Herausforderungen und strategische Antworten

Damit rückt ein neuer Standard für den Umgang mit Daten in greifbare Nähe, und einer, der nicht nur klassische Industrien, sondern auch datenintensive Geschäftsmodelle betrifft. Der Data Act gilt sektorübergreifend für:

  • Hersteller vernetzter Geräte und IoT-Produkte
  • Anbieter von Cloud- und Datenverarbeitungsdiensten
  • Plattformbetreiber, die Daten generieren oder verarbeiten
  • Nutzerinnen und Nutzer dieser Dienste, sofern es um nicht-personenbezogene Daten geht

Auch Unternehmen außerhalb der EU sind betroffen, wenn sie ihre Dienste in Europa anbieten. Sie müssen dann einen rechtlich verantwortlichen Vertreter benennen.

Kleinst- und kleine Unternehmen sind weitgehend befreit, um Bürokratie zu vermeiden. Zudem gibt es Übergangsfristen. Altverträge dürfen noch bis September 2027 angepasst werden. Ab September 2026 müssen neue Produkte nach dem Prinzip „Access by Design“ konstruiert sein, also von vornherein einfachen Datenzugang ermöglichen.

Ein zentrales Anliegen des Data Act ist Interoperabilität. Anbieter müssen sicherstellen, dass Daten in maschinenlesbarer Form exportierbar sind und Schnittstellen wie APIs zur Verfügung stehen. Gleichzeitig darf Datensicherheit nicht vernachlässigt werden, beim Transfer müssen unbefugte Zugriffe ausgeschlossen werden.

Standardverträge müssen überarbeitet werden. Klauseln, die den Anbieterwechsel erschweren oder übermäßige Kosten verursachen, sind künftig unwirksam. Unternehmen müssen daher Vertragswerke prüfen und gegebenenfalls neu gestalten.

Die Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft

Mit dem Data Act verfolgt die EU ein klares Ziel, nämlich Datenmonopole aufzubrechen und Innovation zu fördern. Insbesondere kleine und mittlere Unternehmen erhalten dadurch neue Chancen, auf bisher verschlossene Daten zuzugreifen und daraus eigene Geschäftsmodelle zu entwickeln.

Die Umsetzung bringt jedoch auch Risiken wie technische Komplexität, mögliche Konflikte mit Geheimhaltungspflichten und ein hoher Anpassungsaufwand. Dennoch gilt, für Nutzerinnen und Nutzer ist der Data Act ein Gewinn, durch mehr Kontrolle, leichtere Wechselmöglichkeiten und einen dynamischeren Wettbewerb.

Gerade datenintensive Geschäftsmodelle, von IoT bis hin zu Gaming-Plattformen, mussten sich bereits anpassen. Ab sofort ist der Data Act nicht länger ein politisches Projekt, sondern gelebte Realität.

Der EU Data Act ist damit mehr als ein neues Gesetz, er ist ein Paradigmenwechsel im Umgang mit Daten. Er fordert Unternehmen auf, Offenheit, Fairness und Transparenz umzusetzen, und stärkt gleichzeitig die Rechte der Nutzer.

In einer digitalen Welt, in der die unterschiedlichsten Branchen Daten generiert, zeigt der Data Act, wie weitreichend seine Bedeutung ist. Er macht Datenflüsse nachvollziehbar, ermöglicht Wettbewerb auf Augenhöhe und setzt den Rahmen für ein neues Zeitalter digitaler Fairness.