Wer im Internet Casinos in Koblenz sucht, stößt als erstes Suchergebnis auf das Casino zu Koblenz, das jedoch mit Glückspiel im Grunde gar nichts zu tun hat. Vielmehr handelt es sich um eine bürgerliche Gesellschaft mit langer Tradition, die schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts zum Zweck der gesellschaftlichen Zusammenkunft gegründet wurde. Seitdem kann der Verein auf eine turbulente Vergangenheit zurückblicken, durch zwei Weltkriege hindurch bis in die Neuzeit, in der das Casino zu Koblenz wieder zum Ort kultureller, familiärer und wirtschaftlicher Events wurde sowie mit seinen alljährlichen traditionsreichen Veranstaltungen einen festen Teil des Koblenzer Stadtlebens bildet.

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Auf den ersten Blick mag die Bezeichnung „Casino“ für die Koblenzer Gesellschaft verwirrend wirken, immerhin kennt man den Begriff heute vor allem aus der Welt des Glückspiels, synonym für Spielbanken, Spielotheken wie auch die aktuell populären Online-Casinos. Während hier um Geldgewinne gezockt wird, die Spieler auf das große Glück oder eine schlaue Taktik per Black Jack Tabelle oder Poker-Strategie setzen, wird man im Casino zu Koblenz weder Spieltische noch klimpernde Automaten finden. „Casino“ in seiner ursprünglichen Bedeutung stammt aus dem Italienischen und steht im Grunde nur für einen Ort der Zusammenkunft – und genau aus dieser Absicht heraus entstand der traditionsreiche Verein im Jahr 1808.

Ausgang war die französische Besatzung der Stadt Koblenz, infolge der Adel und Klerus entmachtet wurden, und es am Bürgertum lag die Stadt zu führen. Ende 1807 taten sich eine Reihe Bürger der Stadt zusammen, um einen Verein zur Pflege des Brauchtums und einen Ort für geselliges Zusammensein zu gründen. Offiziell wurde das Casino zu Koblenz am 6. Januar mit Verabschiedung seiner Satzung ins Leben gerufen. Zum Zeitpunkt entstand auch das Logo des Vereins – in Anlehnung an den Dreikönigstag als offiziellem Gründungstag. Zu den ersten Mitgliedern gehörten 90 Leute – darunter sechs Franzosen sowie 84 Deutsche – in erster Linie Kaufleute und Privatpersonen, sowie Intellektuelle wie Juristen, Ärzte und Lehrer, aber auch zehn Verwaltungsbeamte und zwei Kleriker. Die in der Satzung festgelegten Grundsätze „Freiheit, Urbanität und Eintracht“ wurden richtungsweisend für die folgenden 200 Jahre, in denen die Casinogesellschaft zahlreiche Hürden und Krisen überwinden musste und sich bis heute behauptete.

Alsbald wurde das Zivilcasino zur festen Institution der Stadt und erhielt seine ersten Räumlichkeiten, erst 1811 wurde es jedoch offiziell von der französischen Obrigkeit genehmigt. Dann folgte der Umzug in ein großes Gebäude in der eigens danach benannten Casinostraße, die ihren Namen auch heute noch trägt. Über 70 Meter Länge erstreckte sich die Fassade des imposanten, klassizistischen Baus, den der Verein 1816 erwarb und der sich schnell zum Zentrum des Koblenzer Stadtlebens entwickelte. Darin befanden sich zunächst eine Weinkellerei sowie diverse Veranstaltungssäle und -räume, über die Jahre hinweg wurde das Domizil des Vereins mehrmals umgebaut und erweitert. Und wenngleich die politischen Entwicklungen des folgenden Jahrhunderts zahlreiche Herausforderungen für das Casino zu Koblenz mit sich brachten, gelang es der Gesellschaft doch stets tätig zu bleiben und seinen Status zu verteidigen.

Infolge der amerikanischen Besatzung nach dem ersten Weltkrieg beispielsweise wurde das Casino an die Besatzungsmacht übergeben. Damals beanspruchten zunächst die Amerikaner, später auch die Franzosen bis 1929 verschiedene Räume des Casinos, nach und nach wurde es jedoch komplett an die Bürger zurückgegeben. Die Zeit der Weimarer Republik war sicherlich die dunkelste Phase des Vereins, denn dessen Grundfesten Freiheit, Urbanität und Eintracht ließen sich nur schwer mit der damaligen deutschen Realität vereinbaren. Es hieß, das Casino müsse verschwinden, die Gesellschaft wurde gleichgeschaltet, die Satzung außer Kraft gesetzt, diverse Mitglieder wurden unter der neuen Diskretion aus dem Verein ausgeschlossen. Zeitweilig wurde die Casinogesellschaft in „Casino Volksgemeinschaftshaus“ umbenannt. Wenngleich die Nationalsozialisten darum bemüht waren, die Gesellschaft zu durchdringen, gelang ihnen dies nicht, denn infolge der Umbenennung und Gleichschaltung verlor das Casino damit gleichzeitig seinen bürgerlichen Charakter und damit auch seine Bedeutung.

Durch Luftangriffe sowohl im Juli wie auch im November 1944 wurde das historische Gebäude komplett zerstört. Was leicht das endgültige Aus für den Verein hätte bedeuten können, erwies sich jedoch als deutlichster Beweis dessen Widerstandskraft. Bereits im Juni 1946 tat man sich zu einer ersten Nachkriegsmitgliederversammlung zusammen, die alte Satzung wurde wieder in Kraft gesetzt und eine neue Direktion gewählt.  Die ersten Treffen nach Kriegsende fanden in den Gartensälen das Casinos statt, die die Luftangriffe überstanden hatten, wo zunächst Tanzveranstaltungen und gesellige Treffen abgehalten wurden. 1958 bekam der Verein ein neues Casinogebäude in der gleichen Straße errichtet, das dauerhaft jedoch wirtschaftlich nicht haltbar war, schließlich von einem Kaufhausbetreiber übernommen und in ein Kaufhaus umgewandelt wurde. Auch dadurch ließ sich das Casino nicht unterkriegen und besteht seit den 60er Jahren ganz einfach ohne offizielles zuhause weiter. Im gleichen Jahrzehnt wurde der berühmte Koblenzer Casinoball ins Leben gerufen, der bis heute alljährlich ein kulturelles Highlight der Stadt ist und zuletzt 2020 in der Rhein-Mosel-Halle stattfand, während er die vergangenen zwei Jahre ausfallen musste. 700 Gäste nahmen damals an der eleganten Veranstaltung teil, wobei das Europa Star Orchester klassische wie auch lateinamerikanische Tänze sowie Rock und Pop spielten.

Zum 200-jährigen Bestehens des Vereins 2008 wurde nicht nur ein buntes Gründungsfest in abgehalten, sondern auch eigens ein Buch zu dessen Geschichte herausgegeben. Zu den festen Veranstaltungen des Casinogesellschaft gehört auch heute noch ein Stammtisch, der an jedem ersten und dritten Mittwoch des Monats im Weinhaus Kornpforte stattfindet, sowie die gesellige Casino-Lounge an jedem zweiten Donnerstag im Monat im Koblenzer Weindorf.

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Darüber hinaus gibt es für die derzeit rund 400 Mitglieder des Vereins zahlreiche weitere Veranstaltungen in den Themenbereichen Familie, Kultur, Tradition und Wirtschaft. Dazu gehört beispielsweise gemeinsames After-Work Golfen, Oldtimer-Fahrten, verschiedene Vorträge und Ausstellungen, Jazz-Konzerte, gemeinsames Kochen und Weintouren wie auch ein Casino-Herrenabend und das weiterhin bestehende Gründerfest im Januar oder Februar. Im wirtschaftlichen Bereich finden regelmäßig verschiedene Vortrags- und Diskussionsrunden statt, wie auch Mitgliederbesuche verschiedener lokaler Unternehmen und Banken.

Auch das Verfahren zur Aufnahme neuer Mitglieder schließt sich an die lange Tradition des Vereins an: Wer beitreten will, braucht zwei bestehende Mitglieder als „Paten“, eine aus sieben Mitglieder gebildete Kommission prüft dann jeden Antrag und entscheidet über die Zulassung.

Besonders erfreulich ist in diesem Jahr, dass der Casinoball nach zweijähriger Pause endlich wieder stattfinden darf – und zwar am 3. September 2022, womit das Casino zu Koblenz eine weitere Krisenphase offiziell überwunden hat.

Eines wird man auch weiterhin im Casino nicht erleben: Glückspiel ist und bleibt der Gesellschaft fremd, wobei Koblenz diverse andere Möglichkeiten zum Zocken bietet: die Stadt besitzt diverse Merkur Spielotheken und zahlreiche andere Spielhallen und Automatenbetriebe. Das Bundesland Rheinland-Pfalz beheimatet darüber hinaus sechs bekannte Spielbanken: Bad Neuenahr und Bad Dürkheim gehörten zu den ersten offiziellen Casinos, die nach dem zweiten Weltkrieg eröffnet wurden. Ganz nah bei Koblenz befindet sich auch Deutschlands älteste Spielbank, das Casino Bad Ems, das bereits 1720 in dem bekannten Kurort gegründet wurde. Die Städte Mainz und Trier haben zudem ihre eigenen Casinos, wo kleines Automaten- wie auch großes Spiel wie klassisches Roulette und Blackjack angeboten werden.

Das Casino zu Koblenz bleibt hingegen eine bürgerliche Gesellschaft im ursprünglichen Sinne und gemäß seiner Grundgedanken Freiheit, Urbanität und Eintracht zu pflegen. Dabei ist die Casinogesellschaft kein Unikat – in Deutschland wie auch in Österreich gibt es diverse Vereine mit dem gleichen Anliegen die Bürger der Stadt zu verbinden. Dazu gehören beispielsweise die Casinogesellschaft Saarbrücken, Frankfurt am Main, in Basel, Köln Dortmund, Duisburg und diversen weiteren Städten. Mannheim besitzt eine Casino-Gesellschaft zur Pflege von Literatur, Kunst und Musik, die ebenfalls bereits seit 1803 besteht und heute unter dem Namen „Harmonie-Gesellschaft“ die älteste derartige Gesellschaft der Kurpfalz bildet.