Ein mitreißender, bewegender, betroffen machender Opernabend; basierend auf dem gleichnamigen Buch der Ordensschwester Helen Prejean, die darin ihre Erlebnisse als geistlicher Beistand für Todeskandidaten in amerikanischen Gefängnissen verarbeitet hat. Ein Opernabend, der sich anhand des kontroversen Diskurses zur Todesstrafe mit den humanitären Themen Schuld, Rache, Sühne und Vergebung befasst. Intendant Markus Dietze inszeniert; die Musikalische Leitung des Staatsorchesters Rheinische Philharmonie übernimmt Karsten Huschke.

Joseph De Rocher hat mit seinem Bruder ein junges Paar ermordet, nachdem er das Mädchen vergewaltigt hatte. Nun erwartet er in der Todeszelle die Hinrichtung. Die junge Ordensschwester Helen bietet ihm Hilfe und geistlichen Beistand an. Tief religiös geprägt, fordert sie Joseph ein Schuldgeständnis ab, gleichzeitig wächst ihre persönliche Zuneigung. Das Verfahren des Gnadengesuchs, die Auseinandersetzung mit seiner Familie und den Eltern der Opfer sowie das Ringen um das Geständnis wird für Helen zum existenziellen Prozess, in dem sie sich immer wieder auf das Gebot der Nächstenliebe und Gottes Versprechen der Vergebung besinnen muss. „Dead Man Walking!” lautet der Ausruf, der in amerikanischen Gefängnissen ertönt, wenn ein zum Tode Verurteilter seinen letzten Gang antritt. Ordensschwester Helen Prejean, eine der engagiertesten Gegnerinnen der Todesstrafe in den USA, wählte 1993 diesen Ruf als Titel ihres Buchs, welches später von Tim Robbins verfilmt und von Jake Heggie und Terrence McNally als Oper adaptiert wurde. Mit suggestiv-atmosphärischer Musik, die neben opernhaften Elementen auch Musikstile wie Rock‘n‘Roll, Blues und Gospel einbindet und ihre Nähe zur Filmmusik nicht verleugnet, schildert Heggie eine Geschichte über Schuld und Verantwortung, Rache und Vergebung.

Regisseur Markus Dietze inszeniert in einem bühnenhohen betongrauen Bühnenbild von Christian Binz, das die Rohheit und Indifferenz amerikanischer Gefängnisse auf die Bühne im Großen Haus spiegelt und eine beklemmende Atmosphäre erzeugt. Ebenfalls aus Binz‘ gestalterischer Hand stammt das in den 80er-Jahren angelegte Kostümbild. Die Titelrolle Sister Helen wird von der fest am Haus engagierten amerikanischen Mezzosopranistin Danielle Rohr gesungen, die 2019 auch schon überaus erfolgreich die Rolle der Kitty Oppenheimer in der ebenfalls zeitgenössischen amerikanischen Oper „Doctor Atomic“ von John Adams dargeboten hat. In dieser Produktion hatte auch Bariton Andrew Finden, der jetzt den zum Tode verurteilten Joseph De Rocher darstellt, sein Koblenz-Debüt; damals als Dr. J. Robert Oppenheimer.

Eine Besonderheit der Koblenzer Inszenierung von „Dead Man Walking“ soll nicht unerwähnt bleiben: Eröffnet wird die Oper mit einem filmischen Prolog, der eigens im Oktober vom Theater Koblenz mit professioneller Film-Crew am Lucasweiher in Mülheim-Kärlich produziert wurde und der das der Opernhandlung zugrundeliegende Gewaltverbrechen ungeschönt zeigt. „Dead Man Walking“ wird am Theater Koblenz in englischer Sprache mit deutschen Übertiteln gezeigt. Die Premiere ist am Samstag, den 15. Januar 2022 um 19:30 Uhr im Großen Haus. Die nächsten Vorstellungstermine: 18. Januar, 4. und 27. Februar sowie weitere bis April 2022. Karten sind an der Theaterkasse im Forum Confluentes oder online auf unserer Website und auf www.ticket-regional.de erhältlich.

Bildcredit: Matthias Baus für das Theater Koblenz